FAQ’s

Warum braucht es Sexualpädagogik von schulexternen Personen?

Der Schule kommt neben dem Elternhaus eine wichtige ergänzende Rolle in der Sexualerziehung zu, weil sie jene Bildungseinrichtung ist, die (fast) alle Heranwachsende erreichen kann.

Wie die hohe Nachfrage zeigt, haben zahlreiche Schulen erkannt, dass Workshops von externen sexualpädagogischen Vereinen eine wichtige Ergänzung zur Arbeit von Lehrer*innen sind. Lehrer*innen spielen als langjährige Bezugs- und Ansprechpersonen eine wichtige Rolle in der sexuellen Bildung. Manche Fragen und Themen wollen Schüler*innen jedoch lieber nicht mit ihren Lehrer*innen besprechen – und umgekehrt. Externe Sexualpädagog*innen haben den Vorteil, dass sie nur zeitlich begrenzt in die Klassen kommen und keine Noten geben. Ein solches Setting ohne Beurteilung macht es für Schüler*innen leichter, tabuisierte Fragen zu stellen oder als unangenehm erlebte Erfahrungen zu besprechen.

Es ist für Lehrer*innen zudem kaum möglich, auf alle Themen und Herausforderungen, mit denen Heranwachsende etwa durch neue Medien konfrontiert sind, auf dem Laufenden zu sein und diese adäquat aufzugreifen. Daher greifen Lehrer*innen auf Kooperationspartner*innen wie sexualpädagogisch Tätige zurück, die über ein breites und aktuelles sexualpädagogisches Fach- und Handlungswissen verfügen.

Inwiefern ist Sexualität überhaupt für Kinder relevant?

Kinder machen ihre eigenen Erfahrungen mit körperlicher Lust, dem Wunsch nach Nähe, mit Anziehung und Ablehnung, Verliebtheit und verschiedenen Arten von Beziehungen sowie mit sexuell konnotierten Bildern in der Medienwelt. Professionelle Sexualpädagogik knüpft an diese Erfahrungen und die Lebensrealität der Heranwachsenden an und ist nicht auf Erwachsenensexualität konzentriert. Die Voraussetzungen für Erwachsenensexualität werden in der Kindheit gelegt. Die psychosexuelle Entwicklung von Kindern hin zu sexueller Gesundheit und Wohlbefinden im Erwachsenenalter erfordert eine gute pädagogische Begleitung. Kinder haben Rechte, nämlich das Recht auf richtige Informationen, Schutz und Begleitung in ihrer Entwicklung.

Führt Sexualpädagogik in der Volksschule zu einer „Sexualisierung“?

Der Mensch ist von Beginn an ein sexuelles, weil geschlechtliches Wesen. Die kindliche Sexualität darf allerdings nicht mit der Erwachsenensexualität verglichen werden, sondern ist hauptsächlich von spielerischer, kindlicher Neugier geprägt. Beobachtbare Verhaltensweisen umfassen zB kindliches Erforschen des Körpers, Schau- und Zeigelust sowie das Stellen von Fragen. Kinder interessieren sich schon früh für Unterschiede zwischen den Geschlechtern und dafür, wie sie selbst entstanden sind. 

Das sensible und altersgemäße Beantworten von Fragen „sexualisiert“ Kinder nicht. Es hilft ihnen eine Sprache zu finden. Damit stärkt Sexualpädagogik ihr Selbstbewusstsein und schützt sie vor Übergriffen, da sie sexuelle Handlungen schneller einordnen können. Und es verhindert, dass pornografische Inhalte – mit denen immer öfter bereits Volksschulkinder konfrontiert sind – das erste sind, was Kinder über Sexualität erfahren.

Warum ist Sexualpädagogik ein Teil der Schulbildung?

Schule ist nicht nur der Ort, an dem Wissen vermittelt wird, Schule ist auch ein Ort, an dem die Heranwachsenden auf das Leben vorbereitet werden sollen.

Zu Sexualität, Körperlichkeit und Beziehungen gilt es also zum einen akkurates und wissenschaftlich fundiertes Wissen zu vermitteln, andererseits braucht es auch Räume für sexuelle Bildung, also für die reflexive Auseinandersetzung mit Gesetzen, gesellschaftlichen Normen, Haltungen und Lebensweisen, damit Jugendliche sich zu mündigen Bürger*innen entwickeln können und dabei unterstützt werden, in Beziehungen und Sexualität verantwortliche und am Wohl aller orientierte Entscheidungen zu treffen.

All das ist nicht nur Privatsache, sondern maßgeblich für das Gelingen einer Gemeinschaft verantwortlich. (Schulische) Sexualpädagogik ist Persönlichkeitsbildung, Gesundheitsbildung, politische Bildung, Schutz vor Diskriminierung, Prävention von Gewalt und Ausbeutung und Teil der Sicherung der Kinderrechte.

Gibt es den Beruf „Sexualpädagoge*“, „Sexualpädagog*in“?

Mittlerweile gibt es mehreren Ausbildungsstätten für die Zusatzqualifikation zur Sexualpädagog*in, zum Sexualpädagogen*. Um diese Ausbildung zu beginnen, ist es erforderlich, eine Grundqualifikation in einem pädagogischen, sozialen, medizinischen oder therapeutischen Beruf mitzubringen. Die Absolvent*innen bauen auf ihrem beruflichen Fundament auf, erlernen fachliches Wissen und erweitern ihre Kompetenzen im Vermitteln von Themen rund um das Gebiet der Sexualität.

Es gibt keinen Berufsstand im herkömmlichen Sinne. Aber es gibt klare Ausbildungsziele und Qualitätsanforderungen an die Lehrgänge und die Absolvent*innen. Die Bezeichnung Sexualpädagoge ist allerdings nicht geschützt und so kann auch jemand mit einer mangelhaften Ausbildung diese Bezeichnung verwenden. Wir setzen uns daher für eine Qualitätssicherung in diesem Feld ein.

Was heißt Qualität in der schulischen Sexualpädagogik?

Im schulischen Kontext ist der Grundsatzerlass Sexualpädagogik aus dem Jahr 2015 Maßstab für Qualität.

https://bildung.bmbwf.gv.at/ministerium/rs/2015_11.html

Dieser gibt den Verantwortlichen der Schule wie auch den Eltern Orientierung bei der Wahl der externen Angebote. Die darin geregelten Inhalte und Rahmenbedingungen geben den externen Anbieter*innen ihre Arbeitsweise vor.

Bezugnehmend auf (internationale) Forschungen und Qualitätsstandards sowie den österreichischen Grundsatzerlass Sexualpädagogik treten wir für die Kombination von drei inhaltlichen Aspekten als Orientierung für Qualitäts-sicherungsmaßnahmen ein:

1. Ein sexualfreundlicher Zugang, der Kinder und Jugendliche in ihren Bedürfnissen, Erfahrungen, Fähigkeiten und Ambivalenzen ernst nimmt,

2. ein sexualpädagogischer Zugang, der Lustfreundlichkeit mit Gewaltprävention zusammendenkt sowie

3. ein diskriminierungskritischer und inklusiv ausgerichteter sexualpädagogischer Ansatz, der die unterschiedlichen Lebensbedingungen und Lebensrealitäten von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt.

Gewaltprävention ohne einen lustfreundlichen und diskriminierungskritischen Zugang verfehlt ihr Ziel eines effektiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen. Ein sexualfreundlicher Zugang hingegen, der Übergriffserfahrungen, Diskriminierung und ambivalente Gefühle ausblendet, verkennt die Lebensrealität vieler Kinder und Jugendlicher. Um einen diskriminierungskritischen und inklusiven Zugang in der Sexualpädagogik zu stärken, ist es wichtig, dass sexualpädagogische Teams zunehmend ebenso divers zusammengesetzt sind wie ihre Adressat*innengruppen, etwa in Bezug auf Sprache, Diskriminierungs-erfahrung, soziokulturelle Herkunft oder (Dis)Ability.

Bei der Qualitätssicherung haben sich verschiedene Tools bewährt:

  1. Rückmeldungen der Schüler*innen: diese geben den verantwortlichen Eltern, Erziehungsberechtigten, Lehrer*innen und Schulen Sicherheit, ob ein Angebot passend und verständlich war.
  2. Rückmeldungen von Eltern und Erziehungsberechtigten an die Schule
  3. Ständige Weiterbildung und Supervision der sexualpädagogischen Fachkräfte.

Wieso wird das Thema Sexualpädagogik in der Schule so heiß diskutiert?

Sexualpädagogik ist immer wieder ein Thema das emotionalisiert. Die aktuelle öffentliche Kontroverse um Sexualpädagogik wurde durch einen Verein ausgelöst, dessen Arbeit im Schulkontext aufgrund diskriminierender und unsachgemäßer Inhalte sowie problematischer Praktiken im Widerspruch zum Grundsatzerlass Sexualpädagogik steht.

Deshalb braucht es die vom Bildungsminister geforderten Qualitätsstandards, eine Akkreditierung sowie die Clearingstellen in den Bundesländern.

Es ist ein wichtiges Ziel, Kinder und Jugendliche zu informieren und ihnen Bildung in allen Lebensbereichen zugutekommen zu lassen. Der Schutz der Kinder und Jugendlichen ist klarer Gesellschaftsauftrag und gesetzlich verankert.